Kaum ein Feld spricht noch von Herbst,
und in den Furchen bricht kaum noch
eine Kante ab.
Die Bäume stehen still mit anderen Bäumen,
denn der Wind, der blau sich an den Küsten
sammelt, wird lauthals durch die
Straßen fegen.
Äste brechen, Äste fallen,
auf das Polster unserer Jahre,
und ich, ich hebe
einen spät gefallenen Apfel auf.
Nebel geistern auf den Feldern.
Zäune sprechen schwarzgemalt
von Grenzen und von Rand.
Und wir, wir bleiben schweigend
auf den Wegen,
fühlen unsere Risse, unsere Narben,
und zählen noch die Knöchel unserer Hand.
Hanno Hartwig
(Geschrieben am 6.10.2024, im Rahmen der Schreibwerkstatt von Isabel Cole und Birgit Kreipe: Wald schaffen – Wald schreiben)
Kurzbiografie Hanno Hartwig
1957 in Kassel geboren, wohne seit 1963 in Berlin bis heute. Beruf Landschaftsgärtner, danach Gartenbaustudium Dann öffentlicher Dienst bis heute. Seit 2003 amtlicher Baumsachverständiger. Schreibe seit meinem 11. Lebensjahr.
Buchveröffentlichung: Helle Fenster 1. u. 2. Auflage Nikolaus-Lenau-Lyrikpreis am 26.9.2020 Mitglied in mehreren Literaturvereinen.
aufBuchen hat gerade neuen Pflanzaktionen angekündigt, und es sind noch einige Plätze frei! Ihr könnte euch hier für die Aktion am 24. November in Buch und hier für die Pflanzung am 1. Dezember in Wannsee anmelden. Die Pflanzung erfolgt in kleinen Gruppen – möchtet ihr mit anderen Waldschaffenden in einer Gruppe sein, gebt im entsprechenden Feld „Waldschaffen“ ein. Ob wir auch diesmal eine kleine Poesielesung o.ä. in der Pause beisteuern, ist noch nicht geklärt – auf jeden Fall werden sicher einige von uns dabei sein. Weitere Infos folgen!
Das Klimaanpassungsgesetz regelt zum Beispiel, dass viele Straßenbäume gepflanzt und gepflegt werden, kühlende Grünflächen entstehen, Regenwasser sinnvoll verwendet und Hitzeviertel gekühlt werden.
Der Gesetzesentwurf liegt inzwischen dem Berliner Senat vor und wird bereits von vielen Parteien unterstützt. Noch bis zum 8. November werden Unterschriften gesammelt, damit der Volksentscheid stattfinden kann. Auf der Webseite der Initiative kannst du erfahren, wo du unterschreiben kannst, oder du kannst eine Unterschriftenliste herunterladen und im Freundeskreis herumreichen, oder ehrenamtlich bei der Sammlung von Unterschriften aushelfen. Auch eine Möglichkeit, Wald zu schaffen!
Der Herbst ruft, es geht los! Am 6. Oktober haben wir wieder das Vergnügen, im „Food Forest“ des Berliner Spreeacker e. V. zu Gast zu sein – diesmal zur Erntezeit! So steht unsere jährliche Lyrikwerkstatt in Zusammenarbeit mit dem Haus für Poesie im Zeichen der Waldgartenernte. Gemeinsam Früchte pflücken, kochen, essen, dichten – so wollen wir einen wunderschönen Herbstnachmittag miteinander verbringen. Details und Anmeldeinfos hier oder hier.
Mitten in der Frühjahrstristesse: poetische und fotografische Eindrücke aus dem kolumbianischen bosque seco tropical von Waldschaffen-Freundin Rike Bolte …
Der Tropische Trockenwald (bosque seco tropical) findet sich in isolierten und stark gefährdeten Arealen von Mexiko bis Argentinien und in Kolumbien in der Karibik, einschließlich des Südens der Halbinsel La Guajira, in den trockenen Gegenden des Río Magdalena und im Cauca, wo es nur noch residuale Bestände gibt. Insgesamt sind 8% des Tropischen Trockenwalds erhalten; in Kolumbien ist er deswegen Gegenstand des staatlichen Aktionsplans zur Bekämpfung von Wüstenbildung und Dürre (PAN). Der bosque seco tropical ist Habitat vieler Pflanzen- und Tierarten, die darin ihren ausschließlichen Lebensraum haben: Ceiba, Zeder, Guayakbaum, Ebenholz, Cashewbaum; kleinere Katzenarten und Primaten wie der Tití.
„Bosque, bosquejo“ wurde nach einer Exkursion in einen Restbestand dieses Waldes bei Puerto Colombia geschrieben, der zum Gelände der Universidad del Norte gehörte. Wenige Wochen danach fiel der Wald, um einer (angeblich) zukünftigen Solarfarm Platz zu machen.
BOSQUE_BOSQUEJO Al bosque, a mudar entre árboles anónimaTenemos permiso para meternosal bosque a recoger no planticaspero perlas de escombrorudimentos verdesverdor o aun verdín yque alguien repelelos mosquitos incrustadosen tanta mentea la mañana*Irrumpimos, ¿no? encarriles de aleteoatisbamos migasvias aéreaspocos milímetros deplumas cromosomas colibríPero mirenpor qué no deberíamos querer volarhacia atrás y aunque en este terreno ocupadomontemos un aula arbórea para alentarnos, y quizá tornasolarnos:haciendo fila ante una guariday hasta alguna especie guíaAtemos ojos a troncos sin conocerlos nombres de las ánimas quelos habitan surcandoanillos¡Toquemos las alianzas!¿alburentes? ¿bravas?de la maderade hilo, de raja, de sierrao preferimos que¿qué?¿Que se cuele aire? ¿Conocíamos estas palabras?(¿maderámenes?)(madera de aire: cuerno de animal)****Mejor susurremos: un Siebenschläfer
dejó su taza de té con el Sombrererotrastornado y entre los visillos de las Maravillasnos mira mirar¿Alicias?,believe it or not
también el mercurio en Montklamott
alza el sombrero asíasí que agarremos las pinzas pararecolectar la basura y tantos antiguos aleteos sí, así*Si somos Siebenschläfer?Sí, si en las sendas vertebradasel incruste y la crusta costra es nuestray nuestro el clavo en la cortezao sisomos clavoo capaces de clavarnos enespacio ajeno: aun sin metátesisformaremos costras cristalespara empezar a congelarnosen el oxímoron detener que pedir permiso,¿sí?, o ¿no?para ser (colibrí, o Siebenschläfer)peroquién no quisieraemigrar en gruposy en segundos adaptarse al néctar(o a lo que reemplace la bellota)Sh,Silencio,UOjo, que vieneun Sin permiso:Un coro de gallinas americanasse alza, avanza y nos va cercandoentoncesNo nos quejemosde lo diminuto –(porque diminuta solo es la muerte):tan menuda la malezade esta madrugadasigue: “Más animales similares”
Rike Bolte, in Spanien und Deutschland aufgewachsen, ist Literaturwissenschaftlerin, Übersetzerin und Kulturvermittlerin; u.a. Mitbegründerin und Kuratorin des mobilen lateinamerikanischen Poesiefestivals „Latinale“. Sechs Jahre lang hat sie in der kolumbianischen Karibik lateinamerikanische, spanische und frankophone Literaturen im Kontext der Umweltgeisteswissenschaften sowie Kreatives Schreiben und Übersetzen gelehrt. Aktuell forscht sie zu Poetiken der Kontamination.
Am 12. November schlossen wir uns der aufBuchen-Pflanzung im Berliner Grunewald an. Diesmal ging es nicht um Buchen, sondern um Sträuche: Wildäpfel, Schlehen und Pfaffenhütchen sollen den Kronprinzessenweg säumen. Unterstützt vom aufBuchen-Team wies Revierförster Christian Eckert in die Arbeit ein.
Christian kennen wir schon von der Pflanzaktion im Dezember 2022 – denn sein Revier reicht von Grunewald bis nach Gatow, jenseits der Havel. In den Forstbetrieben fehlen nämlich die Ressourcen, Arbeitskräfte sind dünn gesät, Reviere werden zusammengelegt – jeder Förster muss unglaublich viel Arbeit und Verantwortung stemmen. Bewundernswert, wenn engagierte Forstleute wie Christian sich auch noch sonntags die Zeit nehmen, um Ehrenamtliche zu begleiten!
Auch eine Dichterin und ein Dichter waren dabei – Ursula Seeger und Johann Reißer haben mitgepflanzt und uns in der Pause eine Kostprobe ihres in Arbeit befindlichen, gemeinsam erdichteten Zyklus zum Bayrischen Wald gegeben. Belohnt hat sie der Wald hinterher mit den Zutaten für eine Pilzpfanne: Parasol-, Butterpilze und Maronen. Wie wär’s mit einem selbstgemachten Schlehen-Gin dazu?
Wald-Öd
Willkommen im Wald-Öd, grüßt dich ein Pförtner
mit blauer Kappe und rötlichem Bauch. Seinen Ruf
schlucken tiefgrüne Polster und samtige Teppiche,
die anderen Gäste flattern auf und widmen sich wieder
ihren Anwendungen.
Im Foyer wedeln die Federn des Tüpfelfarns Sporen
in die Luft, rhythmisch nicken rote Fingerhüte
mit Hummeln auf den gebleckten Lippen.
Im Naked-Rock-Pool räkeln sich Rädertierchen.
Am Rand des Flurs stehen Stängelbecherchen und naschen
an Eschenblättern, Rauschbeeren werden gereicht.
Ein Gast schlendert vorbei, schnuppert mit bebenden Barthaaren,
beißt in eine saftige Frucht. Schon verformen sich Wald
und Gast, ihm wachsen Pilzfüße, Pilzhaare, Pilzgedanken,
er wankt zum Kissenmoos, löst sich auf in pulsierende Muster.
Der vorbeieilende Kellner greift zu und verschlingt ihn
mit zwei Happen.
Willkommen im Wald-Öd, ruft es aus vielen Kehlen
und Tymbalorganen. Folg’ den Zeichen in leuchtender Luftalgenschrift am Fels, den Kompasslanzen des Lattichs…
Geschnetzelter Wirrkopf, gepresster Moor-Saftling, Salat
von der Bartkoralle – Schlemmen oder Fasten, wonach ist
dir, werter Gast?
Andere vergnügen sich mit Springen zwischen Wurzeln und
Steinen, mit Gleiten von Ast zu Ast über Heidekraut und
Chalets. Ein Segler fällt ins schäumende Wasser, zwei
Bachläufer gleiten herbei, und ziehen den Gast ans Ufer
für das Abendessen. Dazu einen stärkeren Tropfen! Im Windwurfareal feiern
Zunderschwamm und Stachelbart Gelage beim Zerlegen
des Stammtischs, Hefepilze brauen hinter der Rinde
Hochprozentiges, korallenrot blubbert es sämig den Stamm
hinab.
Kehr ein, werter Gast, wähle die Nische, die zu dir passt.
Willkommen im Wald-Öd!
Ursula Seeger
Gatter-Politik
Aber wie reinkommen in diese Wald-Öd-Zone, in dieses Erlebnis-
Resort? Muss man da schrumpfen oder wachsen, sich mit Geweihen
Antennen schaffen? Muss man in raue Felle schlüpfen, sich die Haut
entgerben, Augen und Ohren mit Moorwasser spülen, sich mit den
Wimpern tastend Myzelien nähern?
Und dann? Allen eigenen Gesichtern entsagen, ihnen fellige Masken
schnitzen, Mücken, Marder, Moose bestechen, gefältelte Flechten am
Kragen tragen, gesprenkelte Federn unter den Achseln? Oder soll man
auf Portfolios von Katzengold und Silberfischen verweisen, auf
langlaufende Totholzbestände?
Und wie dann wie weiter auf der Ameisenhimmelreichstraße,
zwischen Erdfallen und Netzen? Wie die Passage finden zwischen
Pilzwuchsmustern und Schrazelfährten, zwischen Hirschkuhträumen
und Hirschkäferdelirien, unserer wachsenden Abwesenheit folgend?
Was anfangs schwer fällt, unendlich schwer.
Der Herbst ist da, die Biber im Briesetal sind fleißig und wir sind es auch – wir freuen uns auf die Pflanzsaison!
Am 12. und 26. November führt unser Projektpartner aufBuchen e. V. Pflanzaktionen in Berlin-Wannsee bzw. Berlin-Buch durch. Waldschaffen wird bei beiden Aktionen dabei sein und in der Arbeitspause für eine kleine Lyriklesung sorgen. Wir freuen uns, wenn möglichst viele aus unserem Netzwerk mitmachen – und ganz besonders, wenn sich jemand dadurch zu einem künstlerischen Beitrag (Wort oder Bild) für unseren Blog inspirieren lässt.
Für die Aktionen müsst Ihr Euch direkt bei aufBuchen e. V. anmelden: für den 12. November (Wannsee) hier und für den 26. November (Buch) hier. Die Arbeit erfolgt in Gruppen. Wenn Ihr mit den anderen Waldschaffen-Teilnehmenden in einer Gruppe sein möchtet, gebt dies bitte im Formular an.
Und wer Lust hat, an einem der beiden Tagen ein Waldgedicht oder z. B. einen kleinen musikalischen Beitrag für die Arbeitspause beizusteuern, möge sich vorab bei Isabel melden: isabel (ät) andere-seite.de. Ich freue mich über Meldungen!
Das tolle Team unseres Projektpartners aufBuchen e. V. sucht Verstärkung auf Minijob-Basis – das Stellenangebot mit weiteren Details könnt Ihr hier runterladen. Achtung: Bewerbungsfrist ist schon der 30.09.23!
Endlich können wir die lyrischen Ergebnisse des Workshops „Poets for the Planet“ präsentieren, den Marielle Matthee am 25. März 2023 anlässlich der Earth Hour mit niederländischen Dichter*innen durchführte. Diese Gedichte zu den lichten und dunklen Seiten der Umweltliebe in Zeiten des Klimawandels wurden während der Earth Hour bei Kerzenschein verfasst und von Marielle ins Deutsche übersetzt. Vielen herzlichen Dank an Marielle und die Teilnehmende dieses schönen Projektes!
Irgendwo
Angenommen, es gäbe keine Erde
nicht mehr
nur ein paar leere Milchstraßen
entlang derer sich Sterne hochtreiben
Sonnen durstig wandern
und ein Mond
der atonale Lieder summt
wäre es möglich
dass irgendwo
zwei Ohren gierig lauschen
was ist, sein kann
wieder werden kann?
Mary Heylema
Ausgraben
statt zu verändern
wollen wir die Wolken weißeln
um das Sonnenlicht zu verdunkeln
wir wringen das Meer aus
blasen Kristalle in den Himmel
statt etwas aufzugeben
wollen wir die Stratosphäre einspritzen
mit Schwefelpartikeln, als ob wir
nicht die Krankheit wären
die Wahnsinnigen
wieder bilden wir uns ein, Götter zu sein
anstatt uns selbst zu betrachten
bügeln wir alle Falten aus
spielen ein katastrophales Scheinspiel
während die Grundschleppnetzfischer
die letzten Reste zusammenkratzen
verdichten sich die Populationen zu Einzelgängern
wie unersättliche Raupen eignen wir uns alles an
kein Bodenschatz bleibt unangetastet
die Schatzkarte zeigt jetzt ein X
wo der Mond die Dunkelheit erhellt
jetzt heißt es abwarten, wie wir
schließlich auftauchen werden
Marloes van der Singel
Werden wir gemeinsam …
Werden wir gemeinsam
unsere Ärmel hochkrempeln
die Hände auf die Erde legen und sagen:
Ich weiß nicht wie, aber es wird alles gut werden
oder: wir falten sie zusammen
deine Handfläche gegen meine, bis
unsere Zuneigung wächst,
denn zusammen sind wir mehr oder:
wir heben sie hoch und
bilden einen Protest – bis hierher und nicht weiter!
Schultern gerade, Körper
des Heldentums
oder eher:
wir, Sterbliche mit dem viel zu großen Geschrei,
lasst uns verstummen, aber tanzen, singen
und die Erde demütig lieben
bis wir innerlich warm sind
und mit dem Ganzen verschmelzen.
Fließend und unwissend. Schön und unaufhörlich strebend.
Das wird dies und dies ist ich, und ich ist du, ist wir, ist