Endlich können wir die lyrischen Ergebnisse des Workshops „Poets for the Planet“ präsentieren, den Marielle Matthee am 25. März 2023 anlässlich der Earth Hour mit niederländischen Dichter*innen durchführte. Diese Gedichte zu den lichten und dunklen Seiten der Umweltliebe in Zeiten des Klimawandels wurden während der Earth Hour bei Kerzenschein verfasst und von Marielle ins Deutsche übersetzt. Vielen herzlichen Dank an Marielle und die Teilnehmende dieses schönen Projektes!
Irgendwo
Angenommen, es gäbe keine Erde
nicht mehr
nur ein paar leere Milchstraßen
entlang derer sich Sterne hochtreiben
Sonnen durstig wandern
und ein Mond
der atonale Lieder summt
wäre es möglich
dass irgendwo
zwei Ohren gierig lauschen
was ist, sein kann
wieder werden kann?
Mary Heylema
Ausgraben
statt zu verändern
wollen wir die Wolken weißeln
um das Sonnenlicht zu verdunkeln
wir wringen das Meer aus
blasen Kristalle in den Himmel
statt etwas aufzugeben
wollen wir die Stratosphäre einspritzen
mit Schwefelpartikeln, als ob wir
nicht die Krankheit wären
die Wahnsinnigen
wieder bilden wir uns ein, Götter zu sein
anstatt uns selbst zu betrachten
bügeln wir alle Falten aus
spielen ein katastrophales Scheinspiel
während die Grundschleppnetzfischer
die letzten Reste zusammenkratzen
verdichten sich die Populationen zu Einzelgängern
wie unersättliche Raupen eignen wir uns alles an
kein Bodenschatz bleibt unangetastet
die Schatzkarte zeigt jetzt ein X
wo der Mond die Dunkelheit erhellt
jetzt heißt es abwarten, wie wir
schließlich auftauchen werden
Marloes van der Singel
Werden wir gemeinsam …
Werden wir gemeinsam
unsere Ärmel hochkrempeln
die Hände auf die Erde legen und sagen:
Ich weiß nicht wie, aber es wird alles gut werden
oder: wir falten sie zusammen
deine Handfläche gegen meine, bis
unsere Zuneigung wächst,
denn zusammen sind wir mehr oder:
wir heben sie hoch und
bilden einen Protest – bis hierher und nicht weiter!
Schultern gerade, Körper
des Heldentums
oder eher:
wir, Sterbliche mit dem viel zu großen Geschrei,
lasst uns verstummen, aber tanzen, singen
und die Erde demütig lieben
bis wir innerlich warm sind
und mit dem Ganzen verschmelzen.
Fließend und unwissend. Schön und unaufhörlich strebend.
Das wird dies und dies ist ich, und ich ist du, ist wir, ist
die Welt um uns herum.
Esther Verschure