Am Montag nach unserer Wochenend-Pflanzaktion fanden sich ein Bäckersdutzend Dichtende in der Bibliothek des Hauses für Poesie zusammen, um die Tradition der Waldlyrik zu reflektieren und die aus dem Wald mitgebrachten Eindrücke, Kenntnisse und Gegenstände in Lyrik zu verwandeln. Wir haben den Begriff der „nature writing“ erörtert und Grundsatzfragen angesprochen: Was ist das überhaupt, „nature“? Wie kann man schreibend die Brüche nachzeichnen, die sich in der Natur selbst, aber auch in unserem althergebrachten Naturbegriff auftun?
In diesem Sinne führte die Werkstattleiterin Birgit Kreipe einen „poetry film“ vor, der ein Gedicht von Ulrike Draesner mit filmischen Mitteln umsetzt: Text, Bild und Stimme fallen zusammen und versinnbildlichen das Schwinden der biologischen Vielfalt, das die Zusammenhänge des Waldes allmählich auflöst und eine unheimliche Sinnleere hinterlässt.
Im praktischen Teil der Werkstatt ging es darum, Sinn und Zusammenhänge neu herzustellen. Mit praktischen Übungen bot Birgit verschiedene Denkanstöße an, wie man sich dem „Waldstoff“ nähern und ihn gestalten kann. Zum Beispiel, indem man eine Handvoll Gedichtschnipsel (von Goethe bis Louise Glück) zu einem neuen Waldgedicht umsortiert. Oder sich fragt, was ein mitgebrachter Zweig oder Tannenzapfen erzählt – nach dem Motto „In ganz kleinen Dingen und Gegenständen sind oft große Bilder verborgen.“
Diese verspielten und nachdenklichen Experimente entlockten lyrische Einfälle selbst bei poetisch Unerfahrenen. Und Ihr könnt sie auch zu Hause ausprobieren!
Zunächst ein kleines WARM-UP:
Du hast hier Papierstreifen, auf denen Gedichtzeilen stehen. Nimm Dir maximal 12 von den Zeilen und bastele eine Art „Gedicht“ daraus. Probiere verschiedene Konstellationen aus. Wichtig: Bitte greife einfach in den Haufen, lies möglichst nicht vorher.
SCHREIBÜBUNG: GEDICHT ODER KURZES PROSAGEDICHT
Anregungen
A) Im Reader hast Du eine Sammlung ganz unterschiedlicher Texte zum Thema „Wald“ gelesen. Überlege einmal: Was ist für Dich in Bezug auf den Wald besonders bedeutsam? Was für eine Bedeutung hat der Wald für Dich, z.B. lebensgeschichtlich, als mythischer Raum, oder politisch? Erinnere Dich an einen Ausflug. Notiere spontane Bilder und Gedanken … freier Text!
B) Was erzählen ganz kleine Gegenstände wie Nüsse, Tannenzapfen, Moose oder Holzstücke über den Wald und die Welt? Lass Deinen Assoziationen freien Lauf, frei nach Gaston Bachelard: In ganz kleinen Dingen und Gegenständen sind oft große Bilder verborgen. Notiere Deine Assoziationen und forme sie zu einem poetischen Text.
C) Louise Glück hat es vorgemacht: In ihren beiden Gedichten („Waldlilie“ und „Wilde Iris“, beide im Reader) fangen die Blumen und Pflanzen zu sprechen an, werden zu Mischwesen mit einer ganz eigenen Perspektive. Welcher Pflanze, welchem Baum, welchem Blatt könntest Du eine Stimme verleihen? Versuche es einmal für einen Text!
D) Im Gegensatz zu früheren Zeiten haben wir alle möglichen Schichten an Allgemeinwissen, Poesie, Mythologie, ökologischer und botanischer Forschung, die wir im Nu recherchieren können. Entsprechend kann man z. B. die archetypischen Bedeutungen von „Wald“ als auch die Forstwirtschaftsrichtlinien (s.u.) als auch die neuesten biologischen Erkenntnisse mit romantischen Bildern vom Wald verknüpfen. Versuche einmal, ganz unterschiedliche und gegensätzliche Aspekte für Deinen Text in Stellung zu bringen.
Material zu D:
Beispiel Umweltbundesamt
Der vergleichsweise hohe Holzeinschlag im Jahr 2019 kann unter anderem auf eine Zwangsnutzung wegen Sturm, Trockenheit und vermehrten Insektenbefall zurückgeführt werden, der Schadholzanteil lag in diesem Jahr bei rund 67 % oder 42,6 Mio. m³ . Dabei ist besonders auffällig, dass der durch Insekten bedingte Schadholzanteil in 2018 und 2019 im Vergleich zum Vorjahr stark zugenommen hat und im Jahr 2019 die Hauptursache darstellt (siehe Abb. „Durch Schäden bedingter Holzeinschlag“). Dies ist im Wesentlichen durch die Hitze sowie Trockenheit der Jahre 2018 und 2019 und der damit einhergehenden Anfälligkeit bestimmter Baumarten für Schädlinge wie etwa den Borkenkäfer bedingt.
(Quelle: Umweltbundesamt)Verjüngung und Kulturpflege (Höhenbereich bis 1,50 m). Eichenverjüngung sollte möglichst unter Schirm oder nach kleinen Lochhieben erfolgen. Auf größeren Freiflächen leidet sie häufig unter der Wirkung von Spätfrösten und einer kräftig entwickelten Bodenvegetation. In der Anwuchsphase haben junge Eichen eine hohe Schattentoleranz, die jedoch sehr schnell abnimmt. Auf trockenen und ärmeren Standorten haben die Jungpflanzen einen höheren Lichtbedarf. Nach Etablierung der Verjüngung müssen angepasste Lichtverhältnisse geschaffen werden. Zu langer Dunkelstand führt zu Wuchsdeformationen und Vitalitätsverlusten. Da die Eiche im Vergleich zu anderen Baumarten überdurchschnittlich durch Wildverbiss gefährdet ist, sind für eine erfolgreiche Verjüngung angepasste Wildbestände unabdingbar.“
(Quelle: Waldbaurichtlinie für das Land Brandenburg: Eiche)