Mit rund ein dutzend poetische Pflanzungswillige brechen wir am S-Bahnhof Heiligensee in die Stolper Heide auf, überqueren dabei die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. Die eher unwitzigen Witze darüber, ob Brandenburg demnächst die Grenze schließt, werden bald vergessen, als Revierförster Peter Cyriax uns in die Ökologie und Ökonomie seines Waldes einführt. Er erklärt, warum wir die geplante Pflanzaktion mit Eichenkeimlingen – sogenannte „Wildlingswerbung“ – heute doch nicht durchführen können. Um einen Pflanzschock zu vermeiden, können die Keimlinge nämlich erst im kühleren, feuchteren Herbstwetter umgepflanzt werden, nachdem sie ihre Blätter abgeworfen haben. Durch den Klimawandel verlängert sich jedoch die Vegetationsperiode und verlagert sich die Pflanzzeit.
Peter erteilt uns eine andere Aufgabe: Eicheln sammeln. Diese sollen teils von seinen Mitarbeitern eingepflanzt, teils in Eichelhäher-Futterkästen ausgelegt werden. Denn die Eichelhäher legen im Herbst ihre Winterdepots an, und ein einzelner Vogel kann insgesamt tausende Eicheln an vielen Stellen in seinem Umfeld vergraben. Und wenn der Eichelhäher vergisst, wo er sie versteckt hat, können sie dort keimen und wachsen. Eichen kommen damit an neue Standorte, Monokulturen werden „aufgemischt“.
Für uns sehr bequem – die Eichelhäher übernehmen das Buddeln, wir mussten lediglich die Vorarbeit leisten. Aber ordentlich! Nur schön feste Eicheln ohne Wurmlöcher kommen in den Eimer.
Pflanzstoff, Gedichtstoff. Das müsste reichen für einen kleinen Wald – oder mehrere Gedichtbände.
Das Bild des Waldbodens brennt sich auf meiner Netzhaut ein, ist beim Einschlafen immer noch da. Mitsamt dem Impuls, immer weiter zu sammeln, Wintervorräte anzulegen.