
Herbstimpressionen
Wie damals, als die ersten Blumen blühten,
und Winterbilder, keilschattig, auf das Licht
des Frühlings trafen. So blühen auch
die Astern jetzt, mit blauem Herbstgefieder.
Ihre Schwestern krümmen kaum des Feldes
Furchen, die dämmernass im Regenwasser
baden. Schlammgesprenkelt, eine Mauer,
als Grenze für die Stimmen, die sich bündeln.
Giftig sind die Herbstzeitlosen, ihr rosazartes
Kleid spiegelt sich in keiner Pfütze wider.
Nur zwei Augenpaare küssen sich im Stillen,
um das Leben neu zu kalibrieren.
Der Maulwurf hat sich eingegraben, bereit
schon für die Zeit der Ruhe, und bleibt
auch an den Wurzeln still. Bäume schütteln
welke Lasten aus den Kronen. Blätter fallen
Taumelnder zu Boden und decken zwischen
Weg und Feld die Spur gelebten Lebens zu.
Wie oft hab ich den Herbst besungen,
mir meinen Lohn vom Zweig gepflückt.
Meist ging ich dann ein Stück und blieb,
der Impression des Herbstes folgend,
auf nebelfeuchten Wegen, nah des Waldes,
an einem See mit wilden Rosen stehen.
Der Grund etwas zu spiegeln
Wie sanft das matte nebelweiße Trübe,
wie tief der Blick ins Nichts.
Nichts trübt den Blick, wenn man von
Innen sieht, nichts hebt den Blick
Wenn es von außen neu betrachtet wird.
Wer stirbt, wer lebt, wer bleibt
im Sein der Dinge, wenn die Ringe die
man wirft mit einem Stein,
Wie von selbst gespiegelt werden?
Du fragst dich ob es einen Grund
gibt, für das Tiefe, das man in sich selber
fühlt. Sieh in das Weite Freund
Und lebe von Horizont zu Horizont,
auch wenn das Sterben dunkel ist.
Das Wandelbare spielt dir ins Gewissen,
wie es das schon immer tat.
Es grüßt und lässt dich herzlich grüßen,
es weiß, und weiß doch wieder
nicht. Schau, die Laterne ist das Licht,
es spiegelt sich in einer Pfütze.
Leb wohl trommelt der Specht
Dem Baum, der alt schon über viele Jahre
in rot und gelb sich taucht,
wenn Licht und Ferne, im Bund mit Nebeln,
über umgepflügten Feldern raucht,
Ist mir als legt sich Neues in die Furchen,
die in Erwartung auf den Winter ruhen.
Erntedank, und Schatten brennen mit den Feuern.
Ein letztes müdes Blatt. Wenn es fällt ist mir,
Als winkt es den Getreuen, des Baumes
zu gedenken, der im Sommer durch die Stürme fiel.
Grün war sein Gezweig im Havelland
bevor die alte Wurzel brach. Jetzt liegt er,
Eine Ribbecksche Legende, dem keine Zeit
mehr blieb, den Korb des Pflückers zu befüllen.
Maschinenrüttler schütteln jetzt die Bäume.
Förderbänder brummen. In Sekunden
Ist die Plantage leergeräumt. Der Herbst
hat keine Zeit mehr zu verlieren.
Nur ein Specht, im Wald, lockt trotz des Sterbens,
den Takt des Wandelbaren aus den Bäumen.
© Hanno Hartwig
Entstanden anläßlich der Ernte- und Lyrikwerkstatt SelbstVERSuche spezial am 12. Oktober 2025.
Hanno Hartwig wurde in Kassel geboren. Er ist 68 Jahre alt und schreibt seit seiner Kindheit Gedichte. Er ist Mitglied in verschiedenen Literaturvereinen, und nach 50 jähriger Berufstätigkeit in Rente. Er hat drei Lyrikbände veröffentlicht, und ist in verschiedenen Anthologien zu finden.
