Gedichte-Workshop I am 12.10.2020
Wir gingen unter den Eicheln im Wald, krochen mit gebeugten Rücken, knieten, sammelten Eicheln für den Förster, aus denen in langer Zeit wieder Eichelbäume werden sollten, wenn das Einpflanzen gelang. Es erinnerte mich an die Erzählungen meiner Eltern und Großeltern, aus den Hungerwintern der letzten Kriegsjahre, das verband sich mit dem Besonderen, was ich von der „deutschen“ Eiche wusste, was sie symbolisierte, und daraus wurde spontan das folgende Gedicht:
Im Futterwald
Eiche. Eichelbaum.
Heiliger Baum
der Tausend Jahre
an deren Ende
sie durch die Wälder krochen
hungrig und stumm
in dunklen Kleidern
über die knackenden Nüsse
im polierten glänzenden Haus
von Zucker Stärke und Protein
gebeugt wie Tiere
das Gesicht an der Erde
bei Tannenzapfen und Moos.
Später würden sie rösten und mahlen
backen und essen
auch die mit den Egerlingen
im bitteren Brot.
Noch unterm Bombengeschwader
die Arme gereckt
vor den Eichenzweigen
auf Schulterklappen und Helm
derer die sich
die Ewigkeit holten
wie vom Baum der alten Götter
als Essenz im Eichenlaub.
Rosemarie Küppers, Jahrgang 1953, geb. im Nordschwarzwald, seit 1971 in Berlin. Abitur auf dem „2. Bildungsweg“ und Jura-Studium. Vielfältige Berufstätigkeit, u.a. als Übersetzerin, freie Journalistin, Rechtsanwältin, Lehrbeauftragte für Umweltrecht, zuletzt Lehrkraft an berufsbildenden Schulen. Seit Rentenbeginn endlich mehr Zeit und Lust zum Schreiben .